Güter für die Hälfte, Dienstleistungen für ein Viertel oder weniger. Wir sind im Konsumparadies…und dies heißt Marokko. Aber der Reihe nach. Nach zahlreichen Tagen in der Laguna von Alvora mit baden und Sonnen und ohne Schiffsverlust, fiel uns langsam die Decke auf den Kopf und wir beschlossen demnächst das Land zu wechseln. Unseren Außenborder und das vom Segelmacher verstärkte Segel holten wir aus Lagos ab. Auf dem (See)Weg dahin sahen wir ein Norwegisches Boot in den Wellen ankern. Dazu hatte es sein Großsegel noch halb oben. Ich sagte noch zu Anna, dass die wohl Müde gewesen sein müssen. Am folgenden Tag sind wir zwecks Beschäftigung von unserem Lagunenliegeplatz ins nahe gelegene Lagos noch mal zu Fuß den Strand entlang gelaufen. Das Boot lag noch immer dort. Also mindestens 30 Stunden. Ich bin überzeugt, dass niemand so lange im Seegang ankern konnte ohne verrückt zu werden. Dazu das halb eingeholte Großsegel. Wir beschlossen mal einen der Rettungsschwimmer auf das Boot aufmerksam zu machen. Der erste Sagte, welches Boot?, Das sei ganz normal, da ankern immer Boote, was richtig ist, bei gutem Wetter und glatter See. Der zweite sagte, das sei nicht sein Zuständigkeitsbereich. Bevor wir zum dritten gingen, beschlossen wir nur noch nach der Nummer von der Policia Maritima zu fragen. Diesmal erwischten wir den Chef der Rettungsmannschaft. Der mir, weil ich mich als Segler ausgab glaubte, dass es nicht normal sei wie das Boot da liege. Er rief dann die Policia an. Eine halbe Stunde später konnten wir dann erkennen, das tatsächlich ein Polizeiboot zu der Yacht fuhr. Was letztendlich passiert sei, erfuhren wir leider nicht. Das trieb aber unsere Fantasie an: Herzinfarkt, Drogenschmuggel und Menschenhandel mit einer geklauten Segelyacht. Alles schien möglich.
Ein guter Wind für Marokko kündigte sich für Dienstag, den 04.10. an. Am Tag vor dem Tag der deutschen Einheit verholten wir zu diesem Zweck nach Portimao, um das Schiff nochmal auszurüsten in die Marina. Ab dem 1.10 gilt in Portugal der Wintertarif, und die Marinas kosten nur noch die Hälfte. In Portimao angekommen, es waren nur 4 sm trafen wir dann erneut Christine und Torsten, unsere Retter, mit denen wir noch schöne Stunden auf deren Kat verbrachten. Wir machten am Nationalfeiertag technischen Dienst, bunkerten Wasser und Lebensmittel und fuhren am Abend um 22:45 los, um möglichst im Hellen im 210 sm entfernten Mohammedia anzukommen. Beim Ausklarieren im Marinabüro fragte die Dame uns, welches unser nächster Hafen sei. Ich sagte Mohammedia. Sie:“???Spain???. Ich sagte dann: „Morocco!“. Alle weiteren Anwesenden im Büro sahen uns auf einmal an. Scheint wohl eher die Ausnahme zu sein diesen Kurs zu wählen. Am Abend wurden wir von Christine und Torsten winkend vom Steg verabschiedet mit der Bitte uns zu melden, wenn wir da seien. Die Nacht verlief erst einmal ohne Wind und mit leichter Gegenströmung, so dass wir schon bald unserem Zeitplan hinterher hingen. Ich rechnete aber mit einer optimal- realistischen Ankunftszeit um 12:00, damit wir nach hinten und vorne Spiel haben. Im Laufe des Dienstags nahm der Wind dann zu und wir konnten irgendwann den Motor ausmachen und Segeln. Wieder begleiteten uns ab und an Delfine, die hier so agil sind, dass sie sogar komplett aus dem Wasser sprangen. Am Abend frischte der Wind dann auf 5-6 Bft. Auf. Das waren die Ausläufer des Levante, der durch die Strasse von Gibraltar pustet. Wir nahmen die Genua weg und segelten nur noch mit dem Großsegel. Die Nacht war sternenklar und es war Halbmond. Das Meeresleuchten war im warmen Wasser so intensiv, dass es im Kielwasser grüne Unterwasserblitze gab. Ich habe so etwas noch nicht gesehen und es war faszinierend. Es baute sich ein sehr unangenehmer Seegang auf. Der Wind und die kurzen relativ hohen Wellen kamen von der Seite und ab und zu gab es eine Salzwasserdusche, die bis zur Solarzelle reichte. Anna wurde daraufhin Seekrank und ich wurde Morgens tierisch müde, so dass ich den 20- Minutenschlaf mit Wecker praktizieren musste, bis Anna mich nach Sonnenaufgang, hart wie sie ist, trotz ihres Befinden, ablöste. Am Mittwochmittag schlief der Wind dann ein und wir mussten die letzten 20 sm erneut motoren, bis wir um 17:30, also 5,5 Stunden nach der berechneten Ankunftszeit, Mohammedia erreichten. Wir meldeten uns per Funk bereits auf See bei Hafenleitung an um keine Fehler zu machen. Bei erreichen der kleinen Marina wurden wir schon von einem dreiköpfigen Komitee erwartet, die alle kräftig halfen das Boot etwas kompliziert zu vertauen. Wir sollten an Bord warten bis der Zoll und die Immigration an Bord kämen wurde uns gesagt. Die beiden Herren in zivil notierten sich dann lediglich die Daten aus unseren Pässen und den Bootsunterlagen fragten nach Waffen und Drogen und verschwanden dann bald wieder. Ganz unkompliziert! Die Pässe könnten wir in kürze am Hafeneingangstor abholen mit Ausweisen, die uns für den Hafen berechtigten. „Then you are free!“ sagte der Immigrationsbeamte. Nach Sonnenuntergang maschierten wir in die Stadt durch eine etwas verruchte Gegend mit Löchern im Gehweg, fehlenden Gullideckeln und aus den Laternen schauenden Kabeln. Der Marinabewacher (kein Offizieller) gab uns noch zahlreiche Verhaltenshinweise und wechselte uns aus seinem Privatvermögen noch 20€ in 200 Dirhams.Wir gingen was Essen in einem nicht als unnobel aussehendem Restaurant. Es gab Rindersteaks mit Beilagen und Wasser (alkoholische Getränke fehlten auf der Karte) für 190 Dirhams also für 18,5, wenn man den echten Umrechnungskurs zu Grunde legt. Uns wurde für den Rückweg ein Taxi empfohlen. Der Fahrer hatte sein Taxi in Fell gekleidet und es gab lautes typisch arabisches Gedudel. Die Fahrt kostete 1 €! Beim eintreten in den Hafen zeigten wir brav unsere Ausweise dem gerade essenden, uniformierten Polizisten, der uns darauf in ein Gespräch verwickelte und uns was von dem typisch marokkanischem Essen regelrecht in den Mund schob. Es war echt gut.
Am heutigen Tag erkundeten wir die Stadt. Es gibt einen neuen Stadteil, der aber von der Gepflegtheit nicht mit Deutschland zu vergleichen ist. Der Ortskern lässt eine typisch Alt-Marokkanische Stadt erahnen, mit einer okkafarbenden Stadtmauer einer Moschee mit Gebetsrufer, was über die Stadt zu hören ist und einem kleinem Markt, auf dem es. neben Lebensmittel auch Elektroprodukte und Kleidung gibt. So richtig sicher fühlten wir uns nicht, aber uns passierte nichts…. Die Anweisung vom Hafenmeister nichts zu erwiedern wenn wir blöd angesprochen würden befolgten wir.. Ich ging zum Friseur (wurde mal wieder Zeit), der sehr liebevoll mit Schere, Rasierklinge und Al Djasira im Fernsehen meine Haar schnitt (für 3,80€). Zurück ging es dann wieder mit dem Taxi.
Unser erster Eindruck: Marokko ist hier leider sehr dreckig, relativ Arm, aber die Menschen mit denen wir Kontakt hatten sind ausgesprochen höflich und gastfreundlich. Die Preise sind zumindest für uns paradiesisch und gerade unter den vielen jungen Leuten scheint ein westlicher Lebensstil verbreitet zu sein. Die Wärme ist ab dem Mittag kaum auszuhalten, aber daran müssen wir uns wohl gewöhnen!
Morgen geht’s für einen Besuch nach Casablanca mit der Bahn für 1,3 €, man empfahl uns aber den Bus, weil er nur die Hälfte koste. Wir sahen heute schon mal so einen Bus, der bis zum letzten Stehplatz belegt war und unseren Entschluss mit dem teuren Zug zu fahren noch festigte.
Und zu ergänzen noch der Traum jedes Autofahrers: 0,63 Cent für den Liter Diesel.
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